Keine Buchmesse und doch eine Buchmesse: Zahlreiche Verlage präsentierten vom 18. bis 20. März im Werk 2 ihre Neuerscheinungen in Leipzig. Eindrücke vom Besuch auf der „buchmesse_popup“, einer Bücherschau in seltsamen Zeiten.
von Frank Kaltofen
Es sei ein Schock gewesen, dass die Leipziger Buchmesse erneut nicht stattfinden würde, erklären Gunnar Cynybulk und Leif Greinus zur Eröffnung der „buchmesse_popup“. „Buchmessen gehören nicht abgesagt, sie müssen stattfinden!“, betonen die beiden Initiatoren unter großem Applaus im Werk 2 in Leipzig Connewitz. Die beiden Verleger Cynybulk (Kanon Verlag) und Greinus (Voland & Quist) waren es, die die Initiative ergriffen hatten, auch ohne die eigentliche Leipziger Buchmesse ein Treffen von Verlagen, Schreibenden und Literaturfans auf die Beine zu stellen.
Mehr als 60 Verlage aus dem deutschsprachigen Raum schlossen sich dem Projekt an. Begleitet wird die Buchschau von einem Lesungsprogramm mit über 60 Veranstaltungen von Freitag bis Sonntag. Die dreitägige Veranstaltung sei allerdings eine „einmalige Sache“, denn im nächsten Jahr werde man sich wieder bei der regulären Buchmesse in den Messehallen treffen, heißt es – halb hoffnungsvoll, halb trotzig – in der kurzen Eröffnungsrede von Cynybulk und Greinus.
Einmalig ist in der Tat einiges an dieser Quasi-Buchmesse. Die angespannte Weltpolitik ist überaus präsent: Cover mit den Worten Ukraine, Russland, Putin oder irgendeinem Bezug zu (post-)sowjetischer Geschichte sind überall - längst nicht nur neue, sondern auch viele ältere solcher Titel werden prominent platziert. Zudem gibt es zahlreiche Solidaritätsbekundungen und Spendenaktionen; im Veranstaltungsprogramm der „buchmesse_popup“ ist am Samstagabend eigens ein Podium mit Autorinnen und Autoren aus der Ukraine, Belarus und Russland mit dem Titel „Nein zu Putins Krieg!“ angesetzt.
Messe in Zeiten des Abstandsgebots
Die andere Besonderheit ist freilich: eine Messe, in Zeiten der Pandemie. Zwischen den Tischen schnappt man im Vorübergehen immer wieder Sätze darüber auf, „wie schön es ist, das hier zu sehen“ oder welche „gefühlte Ewigkeit“ so etwas nicht mehr dagewesen sei. Der Eintritt erfolgt nach der 2G+-Regel, nur Geboosterte benötigen keinen zusätzlichen Test. Die Besucherinnen und Besucher erwerben ihre Tickets für jeweils zweistündige Aufenthalte in der Messehalle. Etwa 15 Minuten vor Ablauf der Zeit heißt es dann über die Lautsprecher: Man weise nun „ganz zärtlich“ darauf hin, dass die Halle nun zu verlassen sei, damit die nächste Charge an Besucherinnen und Besuchern die Messe betreten kann.
All das zielt auf handhabbare Besucherströme. Dennoch: Es geht am Eröffnungstag eng zu an den Tischkanten, denn natürlich bleiben auch Leute stehen, um Gespräche zu führen, so sollte es auch sein auf einer Messe. Aber da zeigt sich eben: Büchertische sind keine Messestände, und Buchmesse, das ist Kontaktsport. Abstand ist dann weitestgehend passé - und Desinfektionsmöglichkeiten gibt es leider nur am Eingangsbereich, sonderbarerweise nicht innerhalb der Halle hier und da mal, wo ja alle nacheinander dieselben Bücher zur Hand nehmen. Man drückt sich also selbst die Daumen, dass FFP2-Maske und dreifacher Impfschutz schon irgendwie reichen werden.
Die Enge in der alten Werkhalle rührt vermutlich auch daher, dass die Anzahl der beteiligten Verlage so beachtlich ausfällt. Mehr als 60 sind es; neben Schwergewichten der deutschen Buchbranche wie Suhrkamp, Hanser oder C.H. Beck vor allem zahlreiche Independent-Verlage aus Berlin sowie einige Verlage aus der mitteldeutschen Region, wie Faber & Faber (Leipzig) oder der Mitteldeutsche Verlag (Halle). Auch aus Österreich und der Schweiz sind Buchverlage vor Ort. Die Freude über das kollektive Wiedersehen der Buchbranche ist ebenso spürbar wie die sprudelnde Geschäftigkeit, die allerhand Visitenkarten und Bücherstapel von Hand zu Hand gehen lässt.
Und dann ist es doch wieder da, nach fast drei Jahren, dieses wohlige Gefühl: Man spürt selbst die Lust, Bücher mitzunehmen, die hier nach so Langem endlich wie Blumen auf einer weiten Wiese stehen und darauf warten, als bunter Strauß gepflückt zu werden. Vielleicht ist das ja der Grund, weshalb man vom Leipziger Bücherfrühling spricht. Auch wenn er ganz anders ist als sonst.
Weitere Informationen zum Programm finden sich auf buchmesse-popup.de
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