Auf das Problem des massiven Plastikkonsums aufmerksam machen und zugleich zeigen, wie Neues und Künstlerisches aus vermeintlichem Abfall entstehen kann: Für ihren Ansatz zum regionalen Plastikrecycling wurde die „Kunststofferei“ aus Leipzig beim Sächsischen Mitmach-Fonds ausgezeichnet. Philip Ruthig vom Team der „Kunststofferei“ beantwortete unsere Fragen.
MdM: Inzwischen gibt es zahlreiche Initiativen, die das Problem des massiven Plastikkonsums und der damit verbundenen Abfälle erkannt haben. Was ist das Neue am regionalen Recycling der „Kunststofferei“?
Philip Ruthig: Im Grunde ist das Prinzip, nach dem unsere Werkstatt funktioniert, gar nicht neu. Im Zuge der Precious Plastic Bewegung wurden weltweit schon hunderte Werkstätten eröffnet – für Leipzig ist eine solche Werkstatt natürlich ein Novum. Wir setzen auf einen offenen und inklusiven Ansatz – wir möchten für den Plastikmüll das Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn“ loswerden. Aus Plastik-„Müll“ kann man mit ein bisschen Mehraufwand eine wertvolle Ressource und neue, langlebige Produkte machen, und das möchten wir demonstrieren – lokal, transparent und nachhaltig. Dabei ist es uns wichtig zu zeigen, dass wir eine Alternative zum klassischen globalen Recycling-System vor Ort aufbauen können. Denn es bleibt oft unklar, was eigentlich wirklich mit unserem Plastik passiert, wo es schließlich landet und ob nun wirklich wieder neue, recyclebare Produkte daraus entstehen. Dass man da mit solchen Ansätzen wie wir sie verfolgen natürlich nicht die immensen Probleme, die unser derzeitiger massiver Plastikkonsums verursacht, lösen können, ist uns klar. Und da setzt dann die Bewusstseinsbildung an: Wir müssen also bewusster und vor allem nachhaltiger mit Plastik als Rohstoff umgehen und in vielen Bereichen auf hochwertigere, länger haltende Alternativen setzen.
Dank eines Preisgeldes aus dem Ideenwettbewerb des Sächsischen Mitmach-Fonds konnte die Ausstattung für die Recycling-Werkstatt angeschafft werden. Was sind die nächsten Schritte für eine erfolgreiche Umsetzung?
Der Großteil des Preisgelds floss in die Ausstattung der Werkstatt. Unser erstes Treffen war im Sommer 2020 und dementsprechend sind wir noch mitten im Gestaltungs- und Konzeptprozess. Als nächster großer Meilenstein gilt für uns unser erstes fertiges Produkt. Dafür sind wir noch an allen Ecken und Enden dabei, unsere Werkstatt auszubauen; da stehen bald eine Spritzgussmaschine und ein Extruder auf dem Plan. Wenn das steht, möchten wir – sobald die Corona-Situation es erlaubt – Workshops organisieren, um Menschen mit dem kreativen Umgang mit Plastik in Kontakt zu bringen und es als Werkstoff begreifbar zu machen.
Was genau entsteht aus dem gesammelten Plastik? Wer sind die Zielgruppen der „Kunststofferei“?
Bisher sind wir noch in der Brainstorming-Phase bezüglich der Frage, welche Produkte wir genau fertigen möchten. Diverse Inspirationen dafür, was man aus Plastik fertigen kann, gibt es z.B. auf dem Precious Plastic Bazaar, wo andere Initiativen ihre Produkte verkaufen. Unser erstes vorläufiges Produkt war ein Paar Ohrringe, die einer unserer Gründer seiner Mutter zu Weihnachten geschenkt hat. Unsere erste glückliche Kundin!
Das Team besteht aus Menschen mit ganz verschiedenen fachlichen und beruflichen Hintergründen, von Umweltforschung über Product Design bis zu künstlerischem Gestalten. Wie prägt das die Arbeit der „Kunststofferei“?
Für uns ist der unterschiedliche Background unserer Mitstreiterinnen und Mitstreiter sehr wertvoll. Für jedes Problem haben wir einen Ansprechpartner oder eine Ansprechpartnerin: Sei es die technische Zeichnung einer neuen Maschine, das Bauen eines Möbelstücks, das Schweißen einer neuen Halterung, das Management einer Social-Media-Präsenz oder Erstellen einer Webseite – für alles haben wir eine Fachperson.
Langfristig soll die Werkstatt im Leipziger Westen der Ausgangspunkt für ein Netzwerk aus regionalen Plastikrecycling-Unternehmen werden. Welche konkreten Vorhaben gibt es bereits? Was sind die nächsten Pläne?
Das ist eine Möglichkeit, wo das Projekt in Zukunft mal hinführen könnte. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass wir eine offene Werkstatt einrichten, wo Freischaffende, Selbstständige, aber auch Privatpersonen hinkommen und ihre eigenen Erfahrungen mit Plastik sammeln und Produkte herstellen können. Momentan arbeitet das ganze Team ehrenamtlich an diesem Projekt und für die absehbare Zeit wird das auch so bleiben - alles Weitere wird die Zukunft zeigen.
Die Fragen stellte Frank Kaltofen (Redaktion Mitteldeutsches Magazin).
Weitere Informationen zum Projekt sind auf www.kunststofferei.de zu finden.
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