Der Knabe-Verlag aus Weimar hat eine Sammlung von Sagen und Märchen um den berühmtesten Wanderweg Thüringens neu aufgelegt.
von Frank Kaltofen
(Foto: Christoph Radtke, CC BY 3.0)
Der Rennsteig ist – mit etwa 100.000 Wanderlustigen jährlich – Deutschlands meistbegangener Weitwanderweg. Für den Rennsteiglauf kommen pro Jahr rund 15.000 Teilnehmende nach Thüringen. Abseits der großen Wanderlust ist der Rennsteig ein historisch bedeutender Handels- und Grenzweg, um den sich zahlreiche Sagen ranken.
Davon zeugt der kürzlich (wieder) erschienene Band Es war einmal… Sagen und Märchen um den Rennsteig. Aufgeschrieben hat diese Geschichten Wally Eichhorn-Nelson (1896-1986), geboren und verstorben in Ernstthal, einem am Rennsteig gelegener Ortsteil der Glasbläserstadt Lauscha.
Die freischaffende Schriftstellerin widmete sich in ihren Erzählungen immer wieder den einfachen Köhlern, Bauern und Bergleuten des Thüringer Waldes. Daraus entstand unter anderem das Kinderbuch Es war einmal… Sagen und Märchen um den Rennsteig, veröffentlicht erstmals 1957 als Teil von „Knabes Jugendbücherei“. Die Kinder- und Jugendbuchreihe erschien ab 1949 und machte den Knabe Verlag aus Weimar auch überregional bekannt.
Inzwischen sind zahlreiche Nachdrucke der historischen kleinen Bände erschienen, darunter zuletzt auch die Neuausgabe der Sagen und Märchen um den Rennsteig. Illustriert wurde das 90-seitige Büchlein seinerzeit vom Grafiker und späteren DDR-Hochschullehrer Hans Wiegandt. Seit den 1950er Jahren hatte Wiegandt viele Buchillustrationen angefertigt, auch für mehr als siebzig Titel aus „Knabes Jugendbücherei“.
Wally Eichhorn-Nelson:
Es war einmal… Sagen und Märchen um den Rennsteig
Knabe Verlag
90 Seiten
12 €
Die im schmalen Band versammelten Märchen und Sagen für Lesende ab 12 Jahren behandeln allerlei Unerhörtes über Zwerge, Waldgeister und verborgene Schätze, über arme Holzhacker, Bergbau und Kohlenmeiler, porträtieren ein hartes arbeitsreiches Leben der Menschen in der Vergangenheit des Rennsteigs. Aber auch die Vorbehalte gegenüber „Landfremden“ (etwa den Hass gegen eine „fremdartige Dirne“, wie ist in der Erzählung heißt – eine aus dem heutigen Italien stammende junge Frau) thematisiert Eichhorn-Nelson.
Interessant sind ihre fiktionalen Schilderungen aber auch aus regionalgeschichtlicher Sicht. Denn steckt nicht oftmals in überlieferten Sagen ein historischer Kern? Das Gold, das gleich in mehreren der Erzählungen vorkommt, wurde etwa ab dem 15. Jahrhundert tatsächlich in Flüssen wie der Schwarza unweit des Rennsteigs gewaschen und zudem aus Schächten und Stollen gewonnen. Noch heute gibt es touristische Angebote im Thüringer Wald, bei denen Interessierte ihr Glück beim Goldwaschen versuchen können – ein Beispiel ist der sogenannte „Goldpfad“ von Schalkau nach (nomen est omen!) Goldisthal.
Anklänge an Orts- und Flurnamen werden aufmerksam Lesende in Sagen und Märchen um den Rennsteig ohnehin mehrfach finden, etwa wenn es in einer Geschichte um ein Walddorf bei der „steynernen Heyde“ geht: Der heutige Name Steinheid für den kleinen Ort am Rennsteig, heute Ortsteil der Stadt Neuhaus, leitet sich von der ursprünglich durch felsigen Untergrund und Heideflächen geprägten Umgebung ab.
Auch erwachsene Ortskundige und Entdeckungslustige werden darum diese kleine Sagensammlung gern zur Hand nehmen – vielleicht gar als leichtgewichtiges Reisegepäck für „den Weg, der sie der Ferne zuführt, den Rennsteig“.
Wir benötigen Ihre Zustimmung zum Laden der Übersetzungen
Wir nutzen einen Drittanbieter-Service, um den Inhalt der Website zu übersetzen, der möglicherweise Daten über Ihre Aktivitäten sammelt. Bitte überprüfen Sie die Details in der Datenschutzerklärung und akzeptieren Sie den Dienst, um die Übersetzungen zu sehen.