Ein Tablet zeigt einen Ausschnitt aus der Geschichts-App "Herbst '89", neben einer Tastatur.

Innovation trifft Digitalisierung in Mitteldeutschland

Mitteldeutschland, vor allem bekannt für seine industrielle Vergangenheit, hat sich in den letzten Jahren zu einem dynamischen Zentrum der Innovation und des Unternehmer:innentums entwickelt. Wie formt die Digitalisierung die Geschäftskonzepte und Arbeitsmodelle der Region?

von Franziska Rohner

Was macht Mitteldeutschland zu einem solch fruchtbaren Boden für Innovationen? Besonders die Startup-Szene in der Region entfaltet sich in den letzten Jahren zu einer Hochburg für kreative Köpfe und Technikaffine mit wegweisenden Ansätzen und unternehmerischem Mut. Dabei verändert die Digitalisierung auch spürbar das Startup-Umfeld und die Gründer:innenszene in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Durch digitale Innovationen können sich junge Unternehmen und deren Gründer:innen, die ihr Wissen frisch in den vielen Hochschulen und Universitäten in Mitteldeutschland erlangt haben, von größeren und mittelständischen Unternehmen abgrenzen. Denn digitale Business-Konzepte, wie zum Beispiel Softwareentwicklung, digitale Prozessoptimierung oder Automatisierungsmaßnahmen mit Hilfe künstlicher Intelligenz stehen gerade hoch im Kurs. 

Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung, aber auch durch gesellschaftliche Veränderungen und andere Katalysatoren wie beispielsweise die Nebeneffekte der Corona-Krise verändert sich auch zunehmend die Art des Zusammenarbeitens: Remote- und Hybridlösungen sind im Berufsleben mittlerweile genauso gang und gäbe wie flexible Arbeitszeitmodelle. Dies schafft eine neue Arbeitskultur, die vor allem in der jungen und dynamischen Startup-Szene ausgelebt und ausgekostet wird. 

Die Vorteile dieser Entwicklungen liegen klar auf der Hand: Unternehmen können Bürokosten einsparen und durch ortsunabhängiges Arbeiten ist es möglich, viele Menschen aus verschiedenen Standorten virtuell zusammenzubringen. Durch die Arbeit im Home Office fallen einerseits die Anfahrtswege ins Büro weg, womit die effiziente Arbeitszeit erhöht werden kann, andererseits wird Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben vor allem für Arbeitnehmer:innen mit Kindern verbessert. 

Auch künstliche Intelligenz (KI) wird zum stetigen Begleiter im Arbeitsalltag: Egal, ob es um das Erstellen von Texten geht oder die Recherche und Erstellung von Bildmaterial. Viele Arbeitnehmer:innen nutzen bereits vermehrt die Vorzüge von künstlicher Intelligenz, was neue Arbeitsmethoden, Berufsbilder und relevante Soft Skills hervorbringt. Beispielsweise ist das „Prompten“ für die KI eine wichtige Fähigkeit geworden, um effizient und präzise zum gewünschten Ergebnis zu gelangen. 

Mit der Digitalisierung verändert sich auch unsere Medienlandschaft zunehmend – und das nicht erst seit gestern. Während Facebook schon länger wieder „out“ ist, werden Instagram und vor allem TikTok zu den Kanälen der ersten Wahl. Doch nicht jede:r ist dazu fähig, gute Kurzvideos zu kreieren, zu schneiden und herzustellen – auch hier hat sich die Kompetenz der Content Creation maßgeblich verändert. Wurden vor fünf Jahren noch schöne Bilder und Hashtags gepostet, ist nun ein geschultes Video-Team notwendig, um erfolgreiche Inhalte auf der Videoplattform zu verbreiten. Soziale Medien ermöglichen Startups, ohne kostenintensive Kooperationen mit großen, „klassischen“ Medien potentielle Kund:innen zu erreichen, etwa über Influencer:innen. Diese Entwicklung macht den ganzen Markt deutlich organischer, schnelllebiger und bricht die bestehenden Monopole großer Unternehmen auf. Auch eine Internationalisierung ist durch die voranschreitende Digitalisierung für kleine Unternehmen deutlich einfacher geworden.

Finance, Bildung, Sport: Unzählige Branchen profitieren von digitalen Konzepten 

Es gibt verschiedene Arten von Startups, die Digitalisierung für sich und ihre Unternehmenskonzepte nutzen. Auf eine bestimmte Branche sind diese nicht beschränkt, denn mittlerweile lassen sich in fast jedem Geschäftsbereich unterstützende digitale Konzepte einsetzen. Die gängigsten Startups sind jedoch FinTechs, eine Kombination aus Finanzdienstleistung und digitalen Technologien – PayPal wäre hier ein weltweit bekanntes Paradebeispiel.
Des Weiteren gibt es noch die Kombination von Technologie mit Immobilien, die sogenannten PropTechs, unter die das Leipziger Startup noah fällt. Die LegalTechs verbinden Recht und Technologie, während die GovTechs die Technologisierung von Staat und öffentlicher Verwaltung vorantreiben möchten. Zu nennen sind darüber hinaus auch sogenannte GreenTechs, also Klimaschutz und Technologie im Paket, aber auch FashionTechs, FoodTechs und EdTechs: Letztere bringen Wissensvermittlung und Technologie zusammen, wie beispielsweise scoolio aus Dresden. Unter die Kategorie der SportTechs würden die coachwhisperer aus Jena fallen. Technologien, die sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse und Forschungsergebnisse stützen, werden als DeepTech bezeichnet. Ein mitteldeutsches Erfolgsbeispiel ist in diesem Bereich das Dresdner Startup Wandelbots, das als Ausgründung der Technischen Universität entstanden ist.

Beispiele digitaler Startups aus Mitteldeutschland

Blick in die Online-Karte zur HASAG-Vergangenheit in Taucha

SportTech: coachwhisperer (Jena)

Die Software der coachwhisperer aus Jena ermöglicht Sport-Coaches, alle ihre Spieler:innen gleichzeitig im Blick zu behalten und mit ihnen über sogenannte Hearables zu kommunizieren.

Eine Szene aus der interaktiven Graphic Novel WIR LEBEN HIER.

DeepTech: Wandelbots (Dresden)

Wandelbots macht die Zusammenarbeit mit Robotern zugänglicher, indem sie eine einfache Lösung zum Anlernen von Robotern und eine standardisierte Plattform für Softwareentwickler anbieten. 

Screenshot zu Jüdische Friedhöfe als Erinnerungsorte

HealthTech: preventicus (Jena)

Mit der preventicus-App wird der Herzrhythmus von der Smartphone-Kamera erfasst und Unregelmäßigkeiten, die auf einen Schlaganfall hinweisen könnten, frühzeitig erkannt.

Ein Smartphone zeigt die App "Ossi-Ausländer".

EdTech: scoolio (Leipzig)

Das Leipziger Startup scoolio hat eine App für den Schulalltag entwickelt, mit dem Schüler:innen den Überblick über ihren Stundenplan, ihre Noten und ihre Hausaufgaben behalten.

Screenshot zum Projekt #EVERYNAMECOUNTS

PropTech: noah (Leipzig)

Das Team minimiert mit seiner Softwarelösung für ein digitales Gebäudemanagement sowohl die Energie- als auch Reinigungskosten gewerblicher Gebäude.

Gesundheit trifft Digitales 

In Mitteldeutschland sind aktuell vor allem die HealthTechs auf dem Vormarsch. Auf der DMEA, der größten Messe für digitale Innovationen des Gesundheitswesens, zeigte sich Thüringen mit einem eigenen Stand, um die Innovationskraft in Mitteldeutschland zu repräsentieren. 

Hier gab es viele spannende Konzepte zu entdecken, darunter auch preventicus aus Jena oder das Dresdner Sozialunternehmen Was hab’ ich?: Dieses bietet eine Software zur ärztlichen Befundübersetzung an – vom Fachjargon hin zu verständlicher Alltagssprache – und begeisterte die Messebesucher:innen mit dieser Idee. Das Leipziger Startup SediWork wird von startup-mitteldeutschland schon seit sieben Jahren begleitet und hat in dieser Zeit einen bemerkenswerten digitalen Wandel vollzogen: Was 2017 als eine simple Online-Plattform begonnen hat, hat sich mittlerweile zu einer ausgeklügelten Software zur Dienstplanerstellung für Kliniken entwickelt, die sich automatisch mit 
Vakanzen anderer Kliniken vernetzt. So kann in Krankheitsfällen schnellstmöglich ein:e Vertretungsärzt:in gefunden werden, was die Prozesse im Vergleich zu langwierigen analogen Arbeitsweisen deutlich beschleunigt. 

Auch das Leipziger Startup DocYet war dank einer fruchtbaren Kooperation mit der AOK Plus auf der DMEA 2023 besonders prominent vertreten. Das Unternehmen hat einen digitalen Versorgungs- und Gesundheitslotsen in Form eines Chatbots entwickelt, wodurch Patient:innen bereits vor ihrem Arztbesuch – ganz ohne menschlichen Kontakt – eine erste unverbindliche Einschätzung ihres Gesundheitszustands erhalten können.

Mitteldeutschland: Standort für (digitale) Innovationen und Erfolgsgeschichten

Es zeigt sich also, dass die Startup-Szene in Mitteldeutschland nicht nur beeindruckend wächst, sondern auch vielfältige innovative Lösungen für aktuelle Herausforderungen anbietet. Von der Digitalisierung im Gesundheitswesen bis hin zur Revolutionierung der Arbeitskultur durch New-Work-Modelle zeigt sich die Region als ein Zentrum der unternehmerischen Kreativität und des technologischen Fortschritts. 

Diese Entwicklungen sind ein klares Zeichen dafür, dass Mitteldeutschland nicht nur eine bedeutende Rolle in der deutschen Wirtschaft spielt, sondern auch global als ein beispielhafter Standort für erfolgreiche, zukunftsorientierte und nachhaltige Unternehmensführung gilt. Wir dürfen gespannt sein, welche weiteren Innovationen und Erfolgsgeschichten dieses dynamische und vielseitige Start-up-Ökosystem in den kommenden Jahren hervorbringen wird.

Franziska Rohner berichtet seit 2018 für das Online-Magazin startup-mitteldeutschland.de. Dabei gilt ihre Leidenschaft vor allem Innovationen im Bereich Soziales, Gesundheit und Nachhaltigkeit. 
 

© 2024 Mitteldeutsches Magazin. Alle Rechte vorbehalten.

Wir benötigen Ihre Zustimmung zum Laden der Übersetzungen

Wir nutzen einen Drittanbieter-Service, um den Inhalt der Website zu übersetzen, der möglicherweise Daten über Ihre Aktivitäten sammelt. Bitte überprüfen Sie die Details in der Datenschutzerklärung und akzeptieren Sie den Dienst, um die Übersetzungen zu sehen.